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Bauern auf
dem Weg aufs Feld. |
Frauen beim
z'Marend. |
Der Mythos des rebellischen
Prättigauers stammt mit Sicherheit von der bewegten Geschichte
des Tales her. (Wie weit der Mythos von der Realität entfernt
ist, lässt sich am besten selbst herausfinden.). Das Prättigau
wurde von Auseinandersetzungen und kriegerischen Wirren nicht verschont.
Als Beispiele seien der Aufstand gegen die Österreicher 1622
oder Napoleons Dekret des frühen 19. Jahrhunderts genannt.
Erst die Gründung der modernen Schweiz durch die Bundesverfassung
von 1848 sowie die Kantonsverfassung des Jahres 1854 liessen Graubünden
in der heutigen Form entstehen. Die im späten 19. Jahrhundert
eröffneten Verkehrswege (Strasse und Bahn) läuteten auch
wirtschaftlich gesehen eine neue Ära ein, der Tourismus gewann
beispielsweise langsam an Fahrt. Die Landwirtschaft jedoch blieb
lange Zeit eine sehr wichtige Einnahmequelle, selbst heute spielt
sie eine grössere Rolle als in anderen Gebieten des Kantons.
Die Industrialisierung schliesslich fand im Prättigau erst
im letzten Jahrhundert statt, jedoch ist gegenwärtig vor allem
im vorderen Teil des Tales eine gut ausgebaute Industrie zu Hause.
Sprache
Die im 13./14. Jahrhundert eingewanderten Walser waren der Grund
dafür, dass das bis anhin im Prättigau gesprochene Romanische
mehr und mehr verschwand. Fast im ganzen Prättigau wird der
typisch walserische sch-Laut gebraucht. So heisst es zum Beispiel
„schie“ anstatt sie. Auch das im Churer-Deutsch hart
ausgesprochene K wie in „Khur“ wird zum weichen Ch.
Das berühmte „Khuchikhäschtli“ wird also zum
„Chuchichäschtli" und somit spricht man für
einmal im Prättigau wie die Mehrheit der Deutschschweizer auch…
Natürlich gibt es auch im Prättigau
bekannte Redensarten. Folgend ein paar besonders schöne:
• Däm chalbärät
dr Holzschlegel (Schiitstock) uf dr Dilli - ihm glückt alles
• Das ischt äso Chogen wiä Lueder - das ist eines
wie das andere
• Där machät widrm an Grannä wiä ä
schissägä Tschutt - Er macht wieder eine saure Miene
• Nid gätaan wiä merken - tun als ob nichts wäre
Viele weitere Mundartausdrücke,
Lustiges und Interessantes findet man im Buch «Prättigauer
Mndartwörterbuch, Redensarten, Vor- und Übernamen»
erschienen 1991, erhältlich bei der Buchdruckerei in Schiers
und teilweise auch bei den lokalen Informationstellen.
Maiensäss/Maiensitz
Der Name leitet sich ab vom Monat Mai, in dem man das Vieh zum ersten
Mal hinauf auf die Alp trieb. Um das Heu bei der Ernte nicht weite
Strecken bergauf tragen zu müssen, wurden diese Lagergebäude
an den tiefsten Punkten des Bewirtschaftungsgebietes platziert.
Diese eingeschossigen Bauten weisen meist zwei Öffnungen auf:
Bergseitige Luke zum Einbringen des Heus und Richtung Tal eine Türe
für den Abtransport im Winter mit Hornschlitten
Walser Streusiedlung
Furna
Furna liegt im vorderen Prättigau auf einer Sonnenterrasse
auf ca. 1350 m.ü.M und ist eine typische Walser Streusiedlung
mit etwa 230 Einwohnern. Sie wird unterteilt in Hinter-, Mittel-
und Usserberg und dem nicht ganzjährig bewohnten Furnerberg
mit dem 1394 als Walsersiedlung erw. Danusa.
Im Spätmittelalter waren
das Bistum Chur und die Gf. von Toggenburg Grundbesitzer. Im 14.
und 15. Jh. siedelten sich die Walser im Hofsystem an und es erfolgte
eine Germanisierung. Furna war Teil des Hochgerichts Castels, später
des Gerichts Castels-Jenaz. Kirchlich gehörte es, vor und nach
der 1526 eingeführten Reformation, zu Jenaz. Seit 1672 ist
Furna eine selbstständige Pfarrei. Die Kirche St. Georg wurde
um 1490 erbaut, der Turm 1690. 1879 wurde die Fahrstrasse von Pragg
nach Furna gebaut, 1936 eine Postautoverbindung aufgenommen. Der
Strom und die Steuern wurden erst 1968 eingeführt. Das Dorf
verfügt über eine Primarschule und eine bescheidene touristische
Infrastruktur. Mehr Informationen finden Sie auf der Website www.furna.ch.
Prättigau
Am 27. Oktober 1621 überfielen österreichische Truppen
unter dem Obersten Baldrion das Engadin und marschierten von dort
über den Flüela nach Davos, von wo aus sie Klosters und
das übrige Prättigau unterwarfen. Die Waffen mussten abgegeben
und den österreichischen Herren erneut gehuldigt werden. Alle
erworbenen Rechte und Freiheiten gingen verloren. Die Kirche zu
Klosters wurde zerstört. Bis 1634 fand der Gottesdienst auf
dem sogenannten "Tempelgaden" statt.
Am Palmsonntag 1622 erfolgte
dann der Aufstand der Prättigauer. Der Feind wurde aus dem
Tal hinaus geworfen. Anführer der Klosterser war der Hauptmann
Johannes Jeuch aus der Klus. Aber schon im August des gleichen Jahres
erfolgte ein erneuter Einmarsch österreichischer Truppen unter
Oberst Sulz. Bei Aquasana und auf dem Matteli mussten die Talleute
dem übermächtigen Feind weichen. Das Tal ging in Flammen
auf.
1624 kamen französische
Truppen ins Tal und vertrieben die Oesterreicher. Die französische
Besetzung dauerte jedoch nur bis 1629, als die Oesterreicher das
Tal wieder in ihren Besitz brachten und die Franzosen verjagten.
Damit nicht genug: im gleichen Jahr brach im Tal die Pest aus. Allein
in Klosters starben damals an dieser schrecklichen Krankheit in
einem halben Jahr 540 Personen (geschätzte Einwohnerzahl damals
rund 900 Personen).
Im Juni 1649 konnten sich
die 10 Gerichte von der österreichischen Herrschaft loskaufen.
Die 50 Jahre von 1652 bis
1702 können als die Zeit der Hexenprozesse bezeichnet werden.
In diesem Zeitraum wurden allein im Hochgericht Klosters rund 50
Personen, vorwiegend Frauen, dem Henker übergeben.
1770 forderte ein Bergsturz
in Monbiel 17 Tote. Die bis dahin in Klosters führende Familie
Jeuch verlor durch diese Naturkatastrophe ihren gesamten Besitz
und verarmte. Zur Zeit der napoleonischen Kriege rückten am
25. Februar 1799 französische Truppen in der Stärke von
1'500 Mann in Klosters ein. Ende April des gleichen Jahres überschritt
eine österreichische Truppe, bestehend aus 1 ½ Bataillonen,
das Schlappinerjoch und schlug die Franzosen in mehreren Gefechten
in und um Klosters in die Flucht. Da andernorts der österreichische
Angriff nicht vorangekommen war, zog sie sich wieder über das
Schlappinerjoch zurück, um am 14. Mai mit 4 Bataillonen, einem
halben Schwadron Reiterei und vier Gebirgsschützen erneut das
Schlappinerjoch zu bezwingen. In den darauf folgenden Gefechten
wurden die Franzosen endgültig in die Flucht geschlagen.
Graubünden
186'000 Einwohner (Schweiz ca. 7,3 Mio.), 44 Prozent des Bündner
Volks leben in Höhenlagen über 1000 Meter gegenüber
bloss 2.9 Prozent im Schnitt der ganzen Schweiz. Höchster Punkt
des Kantons ist der Piz Bernina mit 4049 müM, tiefster Punkt
die Kantonsgrenze zum Tessin bei Bellinzona mit 260 müM. Die
mittlere Höhe liegt bei 2100 müM,damit übertrifft
Graubünden alle Regionen des Alpenbogens.
Der Rhein mit seinen Seitenarmen
Vorderrhein und Hinterrhein entspringt in den zentralen Schweizer
Alpen und entwässert einen grossen Teil des Kantons Graubünden.
Am Lunghin-Pass oberhalb von Maloja ist die Wasserscheide Europas.
Von dort fliesst Richtung Norden die Julia, die via Rhein zur Nordsee
führt, nach Süden die Maira, deren Wasser über den
Po ins Mittelmeer kommt, und nach Osten der Inn, der in die Donau
mündet und damit ins Schwarze Meer fliesst.
Im Bündnerland sind 150 Täler, 615 Seen und 937 Berggipfel
zu finden.
Im 10. und 11. Jahrhundert
war Rätien Teil des Herzogtums Schwaben. Im Laufe des Hochmittelalters
kam es zur Territorialbildung. Zu den bedeutendsten Territiorialherren
erwuchsen der Bischof von Chur und das Kloster Disentis. Kleinere
Territorien wurden von verschiedenen Grafen und Herren ausgebildet
oder erworben. Im Süden erreichte die Familie Visconti eine
starke Stellung (später Herzogtum Mailand). Das Spätmittelalter
ist gekennzeichnet durch politische Verselbständigung vieler
(Gerichts-)Gemeinden, die viele Souveränitätsrechte an
sich binden konnten. Sie vereinigten sich in mehreren Bünden
(Gotteshausbund 1367, Oberer oder Grauer Bund 1395, Zehngerichtebund
1436). Diese Bünde fanden sich ab 1450 zu einem eigenständigen
staatlichen Gebilde zusammen (Freistaat der Drei Bünde). Die
Bünde wurden durch verschiedene Verträge (seit 1497) gleichberechtigter
Partner der schweizerischen Eidgenossenschaft (formell als Zugewandter
Ort). Seit 1512 verfügten die Bünde über die südlich
anschliessenden Untertanengebiete Chiavenna, Veltlin und Bormio.
Die bündnerischen Untertanengebiete fielen 1797 an die Cisalpinische
Republik. 1799/1800 kam das verbliebene Gebiet als Kanton Rätien
zur Helvetischen Republik, 1803 als Kanton Graubünden zur Schweiz.
Am 5. März 1972 wurde das Frauenstimm- und Wahlrecht eingeführt.
...und noch
etwas Geschichte
Georg Jenatsch wurde 1596 geboren. Bis heute ist nicht restlos geklärt,
ob in Samedan im Engadin oder in Lohn im Schams. Seine Kinderjahre
verbrachte er im Pfarrhaus von Silvaplana. 1610 besuchte Jenatsch
das Lektorium in Zürich, 1616 immatrikulierte er sich an der
theologischen Fakultät der Universität Basel. Nach Studienabschluss
wirkte er ab 1617 als Prädikant in Scharans im Domleschg.
Ab 1618 beteiligte sich Jenatsch
an den wilden Parteikämpfen innerhalb der Drei Bünde.
Er trat am Strafgericht von Thusis als fanatischer Gegner der spanisch-katholischen
Partei auf und war mitverantwortlich für den Justizmord an
Nicolò Rusca, Erzpriester von Sondrio, und Johann Baptist
Prevost von Vicosoprano. Im gleichen Jahr wurde Jenatsch reformierter
Prädikant in Berbenno bei Sondrio in der mehrheitlich katholischen
Talschaft Veltlin. 1620 entkam er knapp dem Veltliner Protestantenmord
nach Silvaplana. Als Racheakt ermordete Jenatsch im Jahre 1621 mit
einigen Helfern den Führer der spanisch-katholischen Partei
in den Drei Bünden Pompejus Planta auf seinem Schloss Rietberg
im Domleschg.
Nach dem Einmarsch der Spanier und Österreicher in den Drei
Bünden 1620 wurde das Land in den Bündner Wirren in den
Dreissigjährigen Krieg hineingezogen. Jenatsch begann eine
militärische Karriere, zuerst als Partisanenführer, dann
als Hauptmann der Kavallerie in der Armee des pfälzischen Generals
Ernst von Mansfeld. 1627 stieg er zum Major auf und liess sich auf
ein Duell mit seinem Vorgesetzten, Oberst Jacob von Ruinelli, ein,
den er erdolchte. Im folgenden Jahr trat er in venezianische Dienste
ein, wurde dort aber inhaftiert und zog darauf 1629 mit seiner Familie
auf das Schloss Katzensteig bei Bischofszell im eidgenössisch
beherrschten Thurgau.
Als 1634 der reformierte Herzog
Henri II. de Rohan im Auftrag Kardinal Richelieus Graubünden
besetzte, war Jenatsch im Rang eines Obersten seine rechte Hand.
Da aber Richelieu Absichten zeigte, Graubünden und dessen Untertanengebiete
als Pfand für den Friedensschluss zu behalten, führte
Jenatsch zur Befreiung seiner Heimat Verhandlungen mit Österreich-Spanien.
Zu diesem Zweck trat er 1635 im Kapuzinerkloster in Rapperswil SG
zur katholischen Kirche über. Es gelang ihm in meisterhafter
Weise Rohan zu täuschen und zugleich die beim französischen
Heer befindlichen Bündner sowie das ganze Land für seinen
Plan zu gewinnen. Er wurde zum General der Drei Bünde ernannt
und war mit der Unterstützung Spaniens in der Lage, die Franzosen
am 5. Mai 1637 zum Abzug zu zwingen. Zugleich gelang es ihm mit
diplomatischem Geschick, von Spanien die Rückgabe des Veltlins
an Graubünden zu erwirken.
Von da an war Jenatsch
der politische und militärische Lenker seines Landes, wurde
als «Direktor» des spanisch-österreichischen Bündnisses
mit Reichtümern überschüttet und durch Philipp IV.
von Spanien geadelt. Bei einem nächtlichen Gelage in Chur wurde
er in der Fasnachtszeit während eines Trinkgelages in der Wirtschaft
des Pastetenbäckers Fausch, dem «Staubigen Hüetli»,
am 21. Januar 1639 von einer Gruppe von maskierten Verschwörern
ermordet. Der erste Täter, als Bär verkleidet, feuerte
mit einer Pistole auf ihn, worauf ihn die anderen mit Äxten
niederstreckten. [1] Jenatsch wurde noch gleichentags in einer aufwändigen
Trauerfeier in der Kathedrale in Chur beigesetzt. [2] 1959 wurden
seine Gebeine dem Grab entnommen, untersucht und am 4. August 1961
am gleichen Orte wieder beigesetzt. [3] Das «Staubige Hüetli»
stand an der Stelle des Alten Gebäu an der Poststrasse 14.
[4] Die Mörder konnten nie ermittelt werden, es wurde aber
vermutet, dass neben den Planta und Guler auch spanische Agenten
an der Ermordung beteiligt waren.
Und etza heind a gnarret
guati Ziit und tüad nid egwerri!
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